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Um vom zukünftigen Berufsnachwuchs bereits im Vorfeld als guter Ausbildungsbetrieb wahrgenommen zu werden, wollten sich Walter Stuber und Dirk Eckart, die beiden Geschäftsführer der Roßweiner „Gemeinhardt Service GmbH“, ihr Unternehmen von ihrer Handwerkskammer zertifizieren lassen. Grundlage des Wunsches war dabei das Siegel für Ausbildungsqualität der Handwerkskammer Dortmund.
„Leider mussten wir feststellen, dass dieses Siegel nur für Betriebe im Kammerbezirk Dortmund verliehen werden kann. Die für uns zuständige Handwerkskammer Chemnitz bietet leider nichts in dieser Richtung an“, informiert Stuber. „Sogar der DEHOGA-Landesverband Sachsen hat die Wichtigkeit der Nachwuchsförderung erkannt und verleiht seit einigen Jahren das Qualitätssiegel ‚TOP Ausbildungsbetrieb‘ als begehrte Arbeitgebermarke“, ergänzt Eckart.
Auf der Suche nach einer möglichen Zertifizierung wurden sie dann doch noch fündig aufgrund einer Empfehlung aus ihrem Netzwerk. Die Initiative „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ verleiht seit 2013 ihr Gütesiegel. In den letzten Jahren haben jährlich mehr als 100 Unternehmen so die Qualität ihrer Ausbildung umfassend bewerten lassen. Die Initiative „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ ist damit die größte unabhängige und neutrale Zertifizierung für Ausbildungsbetriebe in Deutschland.
Zur Erlangung des Siegels mussten die Auszubildenden Ende 2021 in einer anonymen Befragung rund 100 detaillierte Fragen zur Qualität ihrer Ausbildung beantworten. Themen waren beispielsweise die Ausbildungsinhalte, der Umgang mit den Azubis im Betrieb oder die Zukunftschancen. Auch die für die Ausbildung verantwortlichen Mitarbeiter mussten selbst die Fragen beantworten. Zusätzlich wurden mit den Personalverantwortlichen Kennzahlen erhoben, wie die Anzahl der übernommenen Auszubildenden und die Höhe der Abbrecherquote. „Durch die Kombination dieser Kennzahlen mit der Beurteilung der Azubis erhalten Jugendliche eine verlässliche Auskunft darüber, wie gut ein Ausbildungsbetrieb tatsächlich ist“, sagt Wirtschaftspsychologin Judith Grefe von der „ertragswerkstatt“, die die Vergabe des Siegels betreut. Denn: Nur ein Betrieb, der von seinen Azubis gute Noten bekommt und sich in der Ausbildung besonders engagiert, ist ein „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb 2021“.
Seit die Gemeinhardts am Standort Roßwein zugegen sind, sind inzwischen 100 Auszubildende durch die Gerüstbauer-Ausbildungskolonnen und durchs Büro gegangen. „Für uns zählt, dass wir unsere Auszubildenden nicht als billige Arbeitskräfte sehen, sondern betrachten eine Investition in die Ausbildung selbst als langfristige Investition in unser Unternehmen“, so Stuber weiter, „denn wir möchten möglichst gute Gerüstbauer heranwachsen sehen, denen ihre Tätigkeit Spaß macht. Nur so können wir sicher sein, dass diese Jugendlichen uns möglichst lange erhalten bleiben. Daher werden sie bei uns grundsätzlich die ersten beiden Lehrjahre in einer separaten Ausbildungskolonne betreut und gehen erst im 3. Lehrjahr mit zu Einsätzen in die weite Welt. Seit Beginn im Jahr 1993 bilden wir hier in Roßwein über den Bedarf vor Ort mit aus, um so zu helfen, dass unser Gewerbe langfristig erhalten bleibt.“
„Wir bieten ganz attraktive Ausbildungsberufe bei uns in Roßwein an. Aber wir suchen nicht nur nach den Standard-Gerüstbauern, sondern nach jungen Leuten, die richtig was auf dem Kasten haben“, sagt Eckart. „Unsere fünfzig Mitarbeiter rüsten schließlich auch keine Einfamilienhäuser ein. Bei uns geht es um Spezialgerüstbau. Also Gerüste an 170 Meter hohen Türmen, hängend unter Brücken, an Talsperren, in der Industrie und an vielen anderen prädestinierten Stellen. Die Einsatzmöglichkeiten unserer Gerüste sind nahezu unbegrenzt. Dafür braucht es besonders motivierte Jugendliche – und genau die wollen wir bei uns ausbilden!“ Die Investitionen in die Nachwuchs-Akquise sind nicht niedrig. „Aber, wenn wir uns nicht heute die Fachkräfte von morgen ranziehen, wie wollen wir dann in Zukunft unser Gewerk am Leben erhalten? Wenn man sich rechtzeitig in die Spur macht, dann bekommt man auch die Auszubildenden, die zu einem passen. Wer nur jammert über niedrige Ausbildungsvergütungen oder harten körperlichen Einsatz, der hat es nicht verstanden, seine Ausbildung als etwas Besonderes anzupreisen“, meint Stuber. „Für das Zertifizierungsverfahren ‚Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb‘ mussten wir wieder eine Menge Geld in die Hand nehmen. Aber wir haben das gern getan, denn wir wissen, dass die Investition in die Ausbildung auch eine Investition in die Zukunft unseres eigenen Unternehmens ist. Solange unsere Handwerkskammer ein solches Zertifizierungsverfahren nicht anbietet, müssen wir uns um die Wertschätzung unserer Nachwuchsarbeit eben auf diese Art kümmern.“
„Wir bieten unseren Auszubildenden generell sehr viel. Es fängt bei 20 Prozent mehr Lohn, als die Bundesinnung vorgibt, an und geht mit einem kostenfreien Fallschirmsprung weiter, wenn man ein halbes Jahr im Unternehmen ist. Wenn man mangels Azubi-Messen, offenen Jugendclubs und für Außenstehende zugängliche Schulen schlecht an zukünftige Azubis herankommt, dann müssen es eben andere verrückte Ideen sein – und wenn die Auszubildenden dann da sind, dann bekommen sie bei uns auch immer, was jedem von ihnen weiterhilft – die Wertschätzung, die jeder von uns und von ihnen braucht. Und dass die während der Zertifizierung von uns genannten Rahmen mit den direkt an ‚ertragswerkstatt‘ gesandten Antworten der Azubis so perfekt übereinstimmen, ist für uns schon eine erstklassige Wertschätzung“, so Eckart und Stuber abschließend nicht ganz ohne Stolz.
Weitere Ausbildungsplätze in Mittelsachsen sind hier zu finden: https://www.wirtschaft-in-mittelsachsen.de/schueler.html